Dein Partner ist wie vom Erdboden verschluckt und du bist überall von ihm geblockt? Dann wurdest du eindeutig gehostet. In der Ghosting-Liebesfalle landest du schneller als du denkst: über 30 Prozent berichten in einer Umfrage der Partnervermittlung Gleichklang, dass sie schon Opfer von Ghosting wurden. Fast 20 Prozent gaben zu, dass sie selbst schon mal jemanden gehostet haben. Wie wird man zum Täter und was kannst du machen, um kein Opfer zu werden? Wir erklären den toxischen Dating-Trend.
Was ist Ghosting?
Ghosting ist ein unschönes Dating-Phänomen (Definition: wie ein Geist verschwinden), bei dem du erst mit einer Person chattest oder dich sogar triffst und die dann plötzlich wie vom Erdboden verschluckt ist. Du erreichst den anderen nicht, bist auf allen erdenklichen Kanälen geblockt und hörst meist nie wieder etwas von ihm – einige Ghosting-Täter kommen allerdings irgendwann zurück.
Gosting geht aber auch, ohne dass du geblockt wirst. Der andere liest oder hört deine Nachrichten, reagiert aber nicht. Die Person verschwindet im Niemandsland und du bleibst mit einer Mischung aus Irritation, Verwirrung und Verunsicherung zurück. Das kann zu Selbstzweifeln, Wut und Schock führen.
Besonders heftig und unerwartet ist Ghosting in Beziehungen. Während an einem Tag noch alles in Ordnung war, hat sich dein Partner am nächsten Tag aus dem Staub gemacht. In diesem Fall meldet sich der andere manchmal ebenfalls wieder – oder bleibt verschwunden. Alle Kontaktversuche schlagen fehl und du bist sozusagen über Nacht Single.
Gründe für Ghosting beim Dating oder in Beziehungen
Wer andere gehostet, hat verschiedene Gründe für den spontanen Kontaktabbruch. In der Gleichklang-Studie gaben die Befragten folgende an: 47,3 Prozent zweifelten daran, dass ihr potenzieller Partner zu ihnen passt. Sie waren desillusioniert von der anderen Person. Die Kombination aus negativen Eigenschaften und verflogenen Interessen hätte zum Aus geführt. Sie fühlten sich der anderen Person gegenüber mies und vermieden jeglichen Kontakt. Im Reddit-Forum gab User Thatsnotaride zu: „Ich wollte mich stattdessen auf jemanden konzentrieren, der oder die mich tatsächlich kennenlernen wollte.”
Bei 31,4 Prozent war eine „ungünstige” Kommunikation der Grund für Ghosting nach einem Date. Unterhaltungen waren ungünstig, stressig, unangenehm oder nicht zielführend. Die Kommunikation war so belastend, dass der andere geghostet wurde, so wie es auch Reddit-User Sir_percy_percy gemacht hat: „Wenn dir jemand ein schlechtes Gefühl gibt, brichst du den Kontakt eben ab.”
15,4 Prozent waren von den Dating-Anforderungen so überfordert, dass sie einfach verschwanden. Bei 12,8 Prozent waren Unsicherheiten Schuld am Tauchgang – auch in langen Beziehungen – weil sie einer Konfrontation und Verletzungen aus dem Weg gehen wollten.
5,9 Prozent haben die Absage oder Trennung zu lange aufgeschoben oder sogar vergessen. Das war auch für Reddit-User Oneleaffiddlefig ein Ghosting-Grund: „Ups, jetzt ist die letzte Nachricht schon viel zu lange her – jetzt wäre es richtig schräg, noch was zu schreiben.” Ergo: Lieber lassen als den Kontakt aufzuwärmen.
Haben Männer und Frauen unterschiedliche Motive fürs Ghosten?
Eine Studie von Elitepartner.de ergab, dass jede vierte Frau nach einem Date wortlos abgetaucht ist – bei Frauen bis 29 Jahre waren es sogar 36 Prozent. Von den befragten Männer war es nur jeder Fünfte. Während man also eher der männlichen Psyche Ghosting nachsagt, sind es Frauen, die aus diversen Gründen ghosten.
Warum Frauen und Männer Dating- oder sogar Beziehungspartner ghosten, hängt eher mit dem individuellen Charakter zusammen als mit dem Geschlecht. Frauen scheinen eher den stillen, aber konsequenten Abgang zu bevorzugen und Männer betreiben dagegen lieber Benching (13 Prozent) und halten sich Frauen mit einer fiesen Hinhaltetaktik warm.
Was Narzissmus, Depressionen und Ängste mit Ghosting zu tun haben
Jemanden zu ghosten ist nicht immer böse Absicht oder ein Zeichen von schlechtem Charakter. Manchmal stecken psychologische Gründe wie Narzissmus, Bindungsangst oder Depressionen dahinter. Die Angst, mit negativen Gefühlen des anderen konfrontiert und selbst bloßgestellt zu werden oder in einen Streit zu gehen, veranlasst Menschen dazu, Ghosting zu betreiben.
Ghosting kann also nicht nur psychische Folgen für Betroffene haben, sondern je nach Ursache bereuen auch die „Täter” ihr Verhalten. Dank der Anonymität bei Tinder, WhatsApp und in anderen Chats laufen sie beim Verschwinden allerdings selten Gefahr, zur Rede gestellt zu werden.
Wann ist es Ghosting?
Nicht jeder Kontaktabbruch ist gleich Ghosting, vielleicht hast du eindeutige Signale auch nicht erkannt. Glaubt man diversen Tests im Internet, wirst du gehostet, wenn länger als zwei Wochen kein Kontakt besteht, du dich nicht anders verhalten hast als sonst und die andere Person sich nicht meldet und dich sogar blockiert.
Bestätigt dein Bauchgefühl das Desinteresse und der andere führt sein Leben wie gewohnt weiter, bist du Opfer von Ghosting geworden. Aber wie fühlt sich das plötzliche Verschwinden nach einem Date oder nach oder sogar in einer langen Beziehung an?
Ghosting-Erfahrungen von Betroffenen
In der Buzzfeed-Community berichtet Userin sarahh45db41b6e: „Wir waren seit sechs Monaten zusammen und er hat gesagt, er wolle mich nach der Arbeit anrufen. Das war vor fünf Jahren …“ In ganz speziellen Fällen stalken Täter ihre Opfer auch, wie Userin Marb von einem Date berichtet, dass sie erst sitzen ließ und seitdem ihre Stories checkt: „Ich habe ihm dann nach Monaten geschrieben, was das alles sollte und dass es okay ist, doch er hat nicht geantwortet. Er schaut allerdings bis heute alle meine Stories bei Instagram an und ist immer noch auf Facebook mit mir befreundet.“
Es kommt aber auch vor, dass sich der andere nach dem Ghosting wieder meldet, wie es Userin klarahelena im Gute-Frage-Forum beschreibt: „Ein weiteres Treffen war geplant, allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt zu viel Druck aufgebaut und wurde von ihm geghostet. […] Ich hatte ihn dann natürlich abgehakt. Nun hat er sich nach ca. einem halben Jahr wieder gemeldet.”
Diesen Effekt hat Ghosten bei Opfern und Tätern
Um Ghosting verarbeiten zu können und mit dem Menschen und dem unguten Gefühl abschließen zu können, empfehlen Experten, sich in akuten Fällen therapeutische Hilfe zu suchen. Bei Nordbayern.de sagt Psychologe Roland Denzler, der in seiner Praxis auch mit Opfern von Ghosting arbeitet: „So eine Erfahrung ist eine heftige psychische Belastung und Entwürdigung.”
Laut Denzler leiden Beziehungen unter der Wegwerfmentalität und werden eher verantwortungslos konsumiert als gelebt: „Ghoster können durchaus ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie den Kontakt einfach abbrechen, doch vermeiden sie dadurch psychische Spannungen und stehlen sich aus ihrer Verantwortung.”
Während Täter das schlechte Gewissen plagen kann, weiß die Nürnberger Psychologin Uschi Träg, wie es Opfern geht: „Sie [Frauen, Anm. d. Red.] werten sich selbst ab und sind der Meinung, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Männer hingegen können aggressives Verhalten zeigen.” Pauschalisieren lässt sich das natürlich nicht.
Wie kannst du dich davor schützen, geghostet zu werden?
Dir sollte bewusst sein, dass das Abtauchen deines Gegenübers nichts mit dir zu tun hat. Egal, ob der andere ein Narzisst ist oder andere Gründe für sein plötzliches Verschwinden vorliegen: Nimm es nicht persönlich! Wenn du das Mindset verinnerlicht hast, schützt du dich für den Fall der Fälle.
Achte auf Red Flags: Sagt der andere Dates oft ohne Begründungen ab? Ist der andere fähig, Konflikte zu führen oder taucht er ab? Gab es in seinen Beziehungen schon mal ähnliche Situationen und war der andere „schuldig”? Höre auf dein Bauchgefühl, wenn sich etwas im Umgang seltsam anfühlt. Zieh die Reißleine, wenn du spürst, dass etwas nicht stimmt. Das ist zwar schwer, wenn Gefühle im Spiel sind, aber besser als geghostet zu werden. Hier verraten wir Tipps, wie du auf Ghosting am besten reagierst.
Damit du selbst nicht zum Täter wirst, solltest du offen und ehrlich mit deinen Beziehungs- und Date-Partnern sein. Stell dich unangenehmen Situationen und Gesprächen, denn es ist besser als jemanden einfach stehenzulassen. Spürst du Tendenzen, dass du Konflikte lieber vermeidest, such dir Hilfe und lerne, mit negativen Situationen umzugehen.
